Tickende Zeitbomben im Fotoarchiv

Können Sie wirklich alle Rechte belegen ?!

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Es ist schön, wenn Sie aus einem vollen Archiv schöpfen können, in dem Sie im Laufe der Jahre reichlich Bildmaterial gesammelt haben. So lassen sich in allen Medien die eigenen Veranstaltungen und das eigene Unternehmen farbig bewerben. Auch ältere Fotos von Künstlern und Live-Acts sind sehr hilfreich, sie werden mit wenig Aufwand im Internet gestreut, sind allerorts verfügbar.

Allerdings schlummert in manchem Archiv eine große Gefahr. Vielfach werden die archivierten Fotos nicht genau gekennzeichnet, ihre Quelle und die Umstände ihres Erwerbs geraten in Vergessenheit. Und so kann es passieren, dass sich nach einer Veröffentlichung, die womöglich Jahre nach der Archivierung erfolgt, plötzlich der Fotograf, ein Verlag oder auch eine abgebildete Person bei Ihnen meldet. Oft tut sie das nicht einmal selbst, sondern es tritt sogleich ein Rechtsanwalt auf den Plan, der Ihnen wegen unberechtigter Nutzung eines Fotos mit einer gerichtlichen Verfügung droht, wenn Sie nicht freiwillig eine unter Vertragsstrafe gestellte Unterlassungserklärung abgeben. Außerdem werden Auskunfts- und Schadensersatzansprüche geltend gemacht.

Sie sind völlig konsterniert und sagen sich „Das ist doch meins, ich habe es damals redlich erworben und weder illegal aus dem Internet kopiert, noch sonst heimlich an mich gebracht. Also darf ich es doch wohl auch nutzen, oder?.“

So einfach ist das aber nicht. Zwar  mag es sein, dass Sie Nutzungsrechte erworben haben, nur müssen Sie es auch beweisen können. Nicht der Fotograf, der es geschossen hat, nicht der Verlag, der die Rechte daran erwarb, auch nicht der Abgebildete muss seinerseits beweisen, dass Sie keine Rechte an einem Lichtbild  haben. Solch einen Beweis zu führen, wird für Sie mit der Zeit aber immer schwieriger bis hin zur Unmöglichkeit. Wurde das Foto „unter Freunden“ ohne einen Vertrag zu machen zur „freien Verwendung“ überlassen, als man sich noch gut verstand? Dann haben Sie extrem schlechte Karten, wenn der andere Teil solches bestreitet. Selbst wenn es dafür Zeugen gegeben hat, wo sind die jetzt? Einer ist verstorben und der zweite in die Mongolei verzogen. Und selbst wenn es noch präsente Zeugen gibt: Ihre Erinnerung wird nicht mehr die beste sein, zumal wenn sie im Gerichtssaal unter Strafandrohung für Falschaussagen auszusagen haben. All das geht zu Ihren Lasten.

Zwar verlangt das Urheberrecht keine Schriftform, wenn ein Urheber einem anderen Nutzungsrechte an einem konkreten Werk einräumt. Aber die Gefahren rein mündlicher Absprachen sind enorm. Deswegen meiden Sie bitte mündliche Rechteeinräumungen wie der Teufel das Weihwasser. Auch wenn es etwas Mühe macht: Insbesondere für Fotos, die gewerblich genutzt werden sollen, ist immer eine schriftliche Vereinbarung zu treffen. Es ist fest zu legen, an welchen Fotos welche Nutzungsrechte (Vervielfältigung, Verbreitung, Weitergabe an Dritte etc.) eingeräumt werden sollen, für welches Gebiet und für welchen Zeitraum. Solch eine Vereinbarung können Sie einmal vorbereiten und in jedem Einzelfall als Grundmuster verwenden.

Bei der Formulierung allerdings sollten Sie sich Rechtsrat holen, denn hier kommt es auf Details an. Eine nicht „wasserdichte“ Formulierung schadet womöglich mehr als sie nutzt, weil nach der Rechtsprechung ein Urheber im Zweifel nicht mehr an Nutzungsrechten einräumt, als es der Vertragszweck erfordert. Was er erfordert, ist Einzelfallfrage.

Bei Nutzungsrechten gibt es weder ein Gewohnheitsrecht, noch einen gutgläubigen Erwerb. Daher kommt es auch überhaupt nicht darauf an, ob Sie ein Bild schon mehrfach unbeanstandet genutzt haben. In der Regel ist der Urheber nur noch nicht darauf gestoßen, weil er beispielsweise erst jetzt im Internet nach Veröffentlichungen recherchiert hat.

Und wenn das Kind schon im Brunnen liegt bzw. das böse Anwaltsschreiben auf Ihrem Tisch, ist erst recht anwaltlicher Rat zu empfehlen. Die Streitwerte in urheberrechtlichen Sachen können je nach Bedeutung sehr hoch sein, damit auch die Kostenrisiken. Welche Erklärungen im Einzelfall ratsam sind, welche hingegen keinesfalls abgegeben werden sollten, kann letztlich nur ein fachkundiger Jurist im Einzelfall ermessen.

Schließlich können auch abgebildete Personen, die deutlich erkennbar und nicht nur Teil einer Menge sind, die Verbreitung ihres Konterfeis verbieten. Wenn der Fotograf als Urheber über die Nutzung seines Werks bestimmen kann, dann grundsätzlich nur im Rahmen der Zustimmung der Abgebildeten. Das Recht am eigenen Bild ist ein Teil des Persönlichkeitsrechts eines jeden Menschen. Fotos von Personen, also Portraits etc., sind mithin besonders sensibles Material.

Also: Schauen Sie in Ihre Archive und verwenden Sie schon einmal nie mehr Fotos aus unklaren Quellen. Haben Sie Material, dessen Quelle Sie zwar kennen, über das aber keine schriftliche Vereinbarung über Art und Umfang Ihrer Nutzungsbefugnisse auffindbar ist, dann nehmen Sie im Zweifel auch dort Abstand von jeder Verbreitung. Entweder lassen Sie dieses Material aus Ihrem Fundus verschwinden, oder Sie holen mit dem Urheber eine Nutzungsvereinbarung nach. Bei abgebildeten Personen muss deren Einverständnis mit der Abbildung vorliegen, ggf. hat der Fotograf dieses eingeholt und garantiert es wiederum Ihnen als rechtmäßigem Nutzer. Wenn das nicht klar gestellt ist, empfiehlt sich auch die Rückversicherung beim Abgebildeten.

Und noch ein letzter Hinweis: Achten Sie bei jeder Veröffentlichung darauf, die Quelle anzugeben, also den Fotografen oder den Verlag, der Ihnen die Rechte gegeben hat. Diese Angaben sind zwingend.

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Rechtsanwalt Roland Voges
Präsident und Justitiar des IFSU e.V.
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